Die größte Entdeckung organischer Moleküle auf dem Mars
Der Mars-Rover Curiosity der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA hat eine bahnbrechende Entdeckung gemacht: In einer Gesteinsprobe des Roten Planeten wurden die bislang größten organischen Moleküle nachgewiesen. Dieser Fund gibt neue Hinweise darauf, dass der Mars in seiner Vergangenheit möglicherweise lebensfreundliche Bedingungen bot und dass organische Verbindungen dort über Milliarden von Jahren erhalten bleiben können.
Die Gesteinsprobe „Cumberland“: Ein Schlüssel zur Mars-Vergangenheit
Die Entdeckung wurde durch die Untersuchung einer pulverisierten Gesteinsprobe namens „Cumberland“ möglich, die bereits im Jahr 2013 aus einer Region namens „Yellowknife Bay“ im Marskrater Gale entnommen wurde. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten diese Probe erneut mit modernen Verfahren und stießen dabei auf die organischen Moleküle Decan, Undecan und Dodecan. Diese Kohlenwasserstoffe bestehen aus Ketten mit zehn bis zwölf Kohlenstoffatomen und sind weitaus komplexer als alle zuvor auf dem Mars nachgewiesenen organischen Stoffe.
Die Forscher nehmen an, dass diese Moleküle Überreste von Fettsäuren sein könnten – essenzielle Bausteine des Lebens, die auf der Erde Zellmembranen und andere biologische Strukturen bilden. Während diese Fettsäuren oft mit biologischen Prozessen in Verbindung stehen, können sie auch durch rein geologische Prozesse entstehen, etwa wenn Wasser mit bestimmten Mineralien reagiert.
Die Bedeutung dieses Fundes ist immens: Die Entdeckung zeigt, dass der Mars früher die chemischen Voraussetzungen hatte, um komplexe organische Verbindungen zu bilden. Das verstärkt die Theorie, dass in der Vergangenheit möglicherweise lebensfreundliche Bedingungen auf dem Planeten geherrscht haben.
Ein Ozean aus der Vergangenheit: Wasser als Schlüssel für Leben
Die Region Yellowknife Bay, in der die Probe entnommen wurde, war vor mehreren Milliarden Jahren wahrscheinlich ein See mit Sedimenten, die Tonmineralien, Schwefel, Nitrat und Methan enthielten. Diese Stoffe sind dafür bekannt, dass sie organische Moleküle über lange Zeiträume hinweg erhalten können. Frühere Untersuchungen durch Curiosity hatten bereits gezeigt, dass es in der Vergangenheit auf dem Mars ausreichend flüssiges Wasser gegeben haben muss – eine essenzielle Voraussetzung für Leben, wie wir es kennen.
„Es gibt Beweise dafür, dass im Gale-Krater über Millionen von Jahren flüssiges Wasser vorhanden war“, erklärte Daniel Glavin, leitender Wissenschaftler am Goddard Space Flight Center der NASA. „Das bedeutet, dass genügend Zeit für die Bildung von Leben in diesen Krater-See-Umgebungen auf dem Mars vorhanden gewesen sein könnte.“
Überraschungsfund: Organische Moleküle statt Aminosäuren
Ursprünglich wollten die Forschenden Aminosäuren in der Probe nachweisen, da diese als wichtige Bausteine des Lebens gelten. Doch anstelle der erwarteten Aminosäuren fanden sie beim Erhitzen der Probe die komplexen Kohlenwasserstoffe Decan, Undecan und Dodecan. Diese Moleküle entstehen auf der Erde typischerweise beim Erhitzen von Fettsäuren – ein weiterer Hinweis darauf, dass auf dem Mars in der Vergangenheit Prozesse abgelaufen sein könnten, die mit der Bildung organischer Substanzen in Verbindung stehen.
Experimente im Labor zeigten, dass genau diese Moleküle entstehen, wenn bestimmte Fettsäuren unter ähnlichen Bedingungen wie auf dem Mars thermisch zersetzt werden. Diese Erkenntnis könnte auf einen biologischen Ursprung hinweisen, bleibt aber spekulativ, da Fettsäuren auch durch abiotische chemische Prozesse entstehen können.
Ist der Fund ein Beweis für früheres Leben?
Die Entdeckung komplexer organischer Moleküle ist kein direkter Beweis für früheres Leben auf dem Mars, aber sie liefert entscheidende Hinweise darauf, dass der Planet in der Vergangenheit lebensfreundliche Bedingungen aufgewiesen haben könnte. Besonders interessant ist für die Wissenschaft die Länge der Kohlenstoffketten, da nicht-biologische Prozesse meist kürzere Ketten mit weniger als zwölf Kohlenstoffatomen produzieren. Die Tatsache, dass auf dem Mars längere Kohlenstoffverbindungen gefunden wurden, könnte ein weiteres Indiz dafür sein, dass hier einst präbiotische oder sogar biologische Prozesse stattgefunden haben.
Caroline Freissinet, Leiterin der Studie, erklärte in einer Mitteilung der NASA: „Dieser Fund ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass auf dem Mars chemische Spuren früheren Lebens erhalten geblieben sein könnten.“
Dennoch bleibt die Frage nach Leben auf dem Mars vorerst unbeantwortet. Um eindeutige Beweise zu erhalten, müssten Proben zur Erde zurückgebracht und dort mit hochsensiblen Instrumenten untersucht werden. Genau dies ist eines der langfristigen Ziele der Mars Sample Return Mission, die in den kommenden Jahren von der NASA und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) durchgeführt werden soll.
Zukunftspläne: Weitere Analysen und Probenrückführung zur Erde
Die Entdeckung der großen organischen Moleküle hat gezeigt, wie wichtig es ist, weitere Mars-Proben zu analysieren. Zukünftige Missionen, wie das geplante Mars Sample Return-Projekt, sollen Gesteinsproben zur Erde zurückbringen, wo sie mit modernsten Analysegeräten untersucht werden können. Nur so kann mit Sicherheit geklärt werden, ob die organischen Moleküle tatsächlich auf frühere biologische Aktivität hinweisen oder ob sie ausschließlich durch geologische Prozesse entstanden sind.
Auch der Mars-Rover Perseverance, der seit 2021 auf dem Mars aktiv ist, hat die Aufgabe, weitere potenziell interessante Proben zu sammeln. Diese sollen später von einer Rückführungsmission abgeholt und zur Erde gebracht werden.
Die Entdeckung von organischen Molekülen auf dem Mars ist ein bedeutender Meilenstein in der Astrobiologie. Sie zeigt, dass der Rote Planet in der Vergangenheit die nötigen chemischen Bausteine für Leben besessen haben könnte. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, um diese Hypothese weiter zu untersuchen und möglicherweise eine der größten Fragen der Menschheit zu beantworten: Sind wir allein im Universum?